Nach der trüben Stimmung der vergangenen Monate scheinen sich die Erwartungen im Mittelstand derzeit etwas aufzuhellen. Kann die dringend notwendige Transformation in Richtung Klimaneutralität und Digitalisierung jetzt Fahrt aufnehmen und die wirtschaftliche Entwicklung antreiben?
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Eines kann man dem deutschen Mittelstand nicht vorwerfen: Transformationsunwilligkeit. Schließlich müssen sich Unternehmerinnen und Unternehmer stetig auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen. Neue Wettbewerber, neue Kundenbedürfnisse, neue Gesetze und Regelungen… Der Wandel gehört zum Geschäft.
Doch was von den Unternehmen heutzutage gefordert wird, geht weit darüber hinaus. Neben dem alltäglichen Veränderungsbedarf sind heute umfassende Transformationsprozesse gefragt, um den Wandel hin zu einer klimaneutralen und digitalen Wirtschaft zu gestalten, wie er in diesem Umfang einzigartig sein könnte.
Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW, forderte bereits Ende 2022 von Wirtschaft und Politik, neben den akuten Krisenanpassungen auch den langfristigen Wandel weiter voranzutreiben. „Kurzfristig muss Deutschland zwar mit den steigenden Preisen und Knappheiten umgehen, aber es ist wichtig, auch die mittlere bis längere Frist im Blick zu behalten. Nur so kann die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb bestehen“, so Köhler-Geib.
Doch gerade auf Unternehmensseite fiel die Stimmung seit dem Frühjahr immer tiefer in den Keller. Die jüngsten Daten des KfW-ifo-Mittelstandsbarometers aus dem September 2023 zeigen nun aber ein differenziertes Bild. „Aufseiten der Mittelständler geht eine leichte Aufhellung der Erwartungen mit erneut schlechteren Lageurteilen einher. Solche mehrdeutigen Indikatorkonstellationen können ein Indiz dafür sein, dass der konjunkturelle Talboden inzwischen erreicht ist“, erklärt die Volkswirtin. „Ich erwarte, dass sich die deutsche Wirtschaft in den nächsten Quartalen nach und nach aus dem Konjunkturtal herausarbeitet und 2024 leicht wachsen wird.“ Darauf deuten auch die im aktuellen KfW-Mittelstandspanel geäußerten Erwartungen zur mittelfristigen Umsatzentwicklung hin.
Doch das prognostizierte Wachstum ist kein Selbstläufer für eine nachhaltige Sicherung des Wohlstands. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und wichtige Schritte in Richtung Transformation anzustoßen, sind vielerorts Investitionen gefragt.
Das Problem: Neben aktuell hohen Zinsen für Kredite und einer restriktiveren Kreditvergabe der Banken sehen sich Unternehmen bei ihren Investitions- und Finanzierungsentscheidungen systematischen Hürden gegenüber, etwa weil die Banken die Risiken innovativer Projekte nur unzureichend einschätzen können oder der gesellschaftliche Nutzen beispielsweise bei Klimaschutzinvestitionen den rein betriebswirtschaftlichen Nutzen übersteigt. Staatliche Förderung hilft bei der Überwindung dieser Hürden. Durch den Zugang zu ausreichenden Finanzmitteln sollen Unternehmen in die Lage versetzt werden, sich veränderten Umfeldbedingungen anzupassen und wettbewerbsfähig zu bleiben.
So bietet die KfW beispielsweise verschiedene Förderprodukte für den Mittelstand an, darunter Zuschüsse und zinsgünstige Kredite. Innovations- und Digitalisierungsvorhaben sowie Investitionen in Klima- und Umweltschutz stehen bei der Förderung besonders im Fokus.
Unter den Stichworten Digitalisierung und Innovation fördert die KfW eine Vielzahl von unterschiedlichen Projekten und Vorhaben. Diese reichen von der Entwicklung neuer oder verbesserter Produkte und Dienstleistungen über die Einführung digitaler Vertriebskanäle bis hin zur Entwicklung von IT- oder Datensicherheitskonzepten.
Mit Investitionen wie diesen lassen sich in Unternehmen oft mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. So zum Beispiel bei der Baumann Group, die unter anderem mithilfe eines Förderkredits der KfW in die Digitalisierung der Logistik investiert hat. Das Ergebnis sind verkürzte Lieferzeiten und effizientere Prozesse – sowie eine spürbare Entlastung der Mitarbeitenden.
Dass Innovationen auf dem Weg in Richtung Klimaneutralität helfen können, zeigt der Fall des Flughafens Memmingen. Mit einer Kombination aus innovativen Technologien wird daran gearbeitet, den CO2-Austoß deutlich zu reduzieren. So möchte der Flughafenbetreiber nicht nur die selbst gesteckten Klimaziele erreichen, sondern zugleich die Energiesicherheit steigern und unabhängig von fossilen Energieträgern werden.
Im Jahr 2022 flossen 33 % des Fördervolumens der KfW in Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz. Ob Dekarbonisierung oder Biodiversität, Ausbau erneuerbarer Energiequellen, Steigerung der Energieeffizienz oder Anpassung an veränderte klimatische Bedingungen: Zahlreiche Förderprogramme unterstützen den Mittelstand dabei, nachhaltig zu investieren.
Ein Beispiel ist die Bundesförderung für effiziente Gebäude. Die Eigentümer einer alten Lokhalle in Freiburg nutzten das Förderprogramm für die energetische Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes und sagen heute: „Ohne KfW-Förderung wäre das Projekt nicht möglich gewesen.“ Ähnlich sieht es auch der Geschäftsführer der Furnier- und Holzwerk Mittenaar GmbH. Dank staatlicher Förderung konnte sein Unternehmen in ein modernes Biomasseheizwerk investieren und damit 200 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen.
Ob in der Holzbranche, im Verkehr oder in der Logistik: Viele Unternehmen sind in den vergangenen Jahren mit gutem Beispiel vorangegangen und haben die Transformation hin zu mehr Klimaneutralität und Digitalisierung vorangetrieben. So zeigt sich einmal mehr: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, ist von Transformationsunwilligkeit keine Spur.